Pflanze des Monats – Taschentuchbaum
Botanischer Name: Davidia involucrata Baill.
Deutsche Namen: Taschentuchbaum, Taubenbaum
Englische Namen: Dove Tree, Ghost Tree, Handkerchief Tree
Die Chinesen nennen ihn auch „Aufwiedersehenbaum“.
Pflanzenfamilie: Nyssaceae (Tupelobaumgewächse)
Heimat/Geschichte:
Die Heimat des Taschentuchbaums sind feuchte Gebirgswälder in Mittel- und Westchina. Zur Blütezeit wirkt der Baum, als ob sich auf ihm ein Schwarm weißer Vögel niedergelassen oder als ob man ihn mit schneeweißen Taschentüchern geschmückt hätte.
Der französische Missionar und Naturforscher des Ordens der Lazaristen, Armand David (1826 – 1900), entdeckte diesen Baum 1869 in Ost-Tibet bei einer naturkundlichen Reise. Er schickte daraufhin Herbarmaterial an den Botanischen Garten von Paris. Dort war eines der großen Zentren für Botanik und die Einführung neuer Pflanzen der damaligen Zeit.
Der Leiter des Pariser Botanischen Gartens, Henri Ernest Baillon (1827 – 1895), beschrieb von 1871 bis 1873 die Gattung Davidia Baill. mit der Art Davidia involucrata Baill. So gingen beide, der Entdecker David und der Beschreiber Baillon, in die botanische Geschichte ein.
Der aus dem Lateinischen abgeleitete Artname „involucrata” bedeutet „eingehüllt, von Hüllblättern umgeben“.
Baillon ordnete die neue Gehölzgattung den Tupelobaumgewächsen, den Nyssaceae zu. Englische Botaniker neigten eher dazu, den Taschentuchbaum den Hartriegelgewächsen, den Cornaceae zuzuordnen.
Die Unsicherheit in der Beschreibung kommt daher, dass in der Davidschen Sammlung kein keimfähiges Saatgut enthalten war. Es war eine Gehölzgattung und -art beschrieben worden, aber man konnte sie nicht kultivieren und mit dem ursprünglichen lebenden Individuum vergleichen. So liegt die Vermutung nahe, dass die Typus-Art bis heute nicht in Kultur ist. Eine Unterart wurde 1897 vom französischen Pater und Missionar Farges in den Gebirgswäldern der chinesischen Provinz Szetschuan entdeckt.
Er schickte 37 Samenkörner an den berühmten französischen Pflanzensammler, Gärtner und Baumschuleninhaber Maurice Leveque de Vilmorin (1849 – 1919). Aus dieser Unterart entwickelte sich ein einziger Baum, der 1906 als die erste Davidia in Europa erblühte.
Erst als der englische Forschungsreisende und Botaniker Ernst Henry Wilson (1876 – 1930), einer der erfolgsreichsten Pflanzensammler, 1903 eine größere Samenmenge an die Londoner Baumschule Veitch & Son schickte, gewann man eine nennenswerte Pflanzenmenge. Er war in den Jahren 1899 bis 1911 mehrmals in China.
Die heute gültige Zuordnung erfolgt zu der Familie der Tupelobaumgewächse (Nyssaceae). Den Taschentuchbaum Davidia involucrata Baill. finden wir bei uns vor allem in Botanischen Gärten und Kurparks, wo er zur Blütezeit im Mai großes Erstaunen und große Begeisterung auslöst.
Botanik:
Die Gattung Davidia innerhalb der Tupelobaumgewächse (Nyssaceae) besteht aus einer einzigen Art, der Davidia involucrata Baill., dem Taschentuchbaum und mehreren Varietäten. Die sommergrünen und winterharten Bäume werden in ihrer Heimat etwa 20 Meter hoch und erinnern in ihrem Aussehen an Linden.
Die langgestielten, bis 15 cm breiten Blätter sind an der Basis herzförmig und verstärken so den Eindruck der Ähnlichkeit mit Linden. Die wechselständig stehenden, breit-eiförmigen, gezähnten Blätter sind an der Oberseite frischgrün und glänzend. An der Unterseite sind sie graufilzig bis seidig behaart. Die roten Blattstiele erreichen eine Länge von 4 –7 cm, die Blätter eine Länge von 8 – 14 cm.
Die ebenfalls langstieligen, zwittrigen Blüten sind 2 cm breite, kugelige weiße Köpfchen mit zahlreichen purpurfarbenen Staubblättern und einer weiblichen Blüte. Sie haben keine Blütenblätter. Das, was attraktiv auffällt, sind zwei ungleich lange (8 – 16 cm) Hochblätter (Brakteen), die die Blütenköpfe umhüllen. Anfangs sind diese Blätter grünlich-weiß, dann weiß, zum Blühende hin rötlich. Sie haben die Aufgabe, Insekten anzulocken.
Die Hauptblütezeit des Taschentuchbaumes ist im Mai. Sind die Frühlingstemperaturen kühl, kann man die Blüten wochenlang bestaunen. Aus den Blüten entwickeln sich im Sommer kugel- bis birnenförmige langstielige Steinfrüchte. Sie haben einen Durchmesser von etwa 3 cm und sehen einer Walnuss ähnlich. Die nicht essbaren Steinfrüchte enthalten drei bis fünf Samenkörner.
Standort/Pflege:
Der frostunempfindliche Taschentuchbaum (Davidia involucrata Baill.) bevorzugt einen leicht sauren, nährstoffreichen, mäßig feuchten Boden. Er verträgt Halbschatten, sollte aber vor starken Winden geschützt werden.
Bei uns erreicht er eine Höhe von 8 – 10 Meter. Von Krankheiten und Schädlingen wird er nicht befallen. Auch Schnittmaßnahmen sind nicht nötig. Der Taschentuchbaum wächst im Garten völlig problemlos und könnte dort als interessanter Solitärbaum stehen.
Aber schon die Beschaffung des Baumes ist nicht ganz einfach und deshalb nur etwas für Kenner und Liebhaber. Der Taschentuchbaum wird nur von wenigen Baumschulen herangezogen, denn in Europa können keine nennenswerten Samenmengen geerntet werden. Eine vegetative Vermehrung ist sehr schwierig, und aus China ist kaum Pflanzenmaterial zu bekommen. Ein weiterer Nachteil ist, dass man etwa 20 Jahre warten muss, ehe er zum ersten Mal blüht.
Aber wenn er blüht, ist die Begeisterung groß. Das reicht dann auch in den Beschreibungen von schwebenden Riesen-Schmetterlingen bis zu scheinbarem Schneefall auf der Davidia und der Äußerung, dass der Baum der interessanteste, schönste aller Bäume der gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel der Erde ist.
Quellenangaben:
Text: Barbara Lawatsch 4/05, 4/21
Fotos: Prof. Dr. Manfred Brusten
Weiterführende Literatur:
Encke, Fritz: Pareys Blumengärtnerei, Band II, Paul Parey, Berlin, Hamburg, 1960
Ulmers Pflanzenmagazin Gartenpraxis 8/1975 + Gartenpraxis 3/1985, Eugen Ulmer KG, Stuttgart
Pflanzenlexikon des Botanischen Gartens Wien, Infoblatt zur Davidia involucrata