Weizenvielfalt Teil III

12/2019 Weich-, Hart- und Rotkornweizen

Infoschrift zu Weizenarten: Beschreibung / Gesundheitliche Aspekte /Rezepte aus der Vollwertküche

Triticum (römischer Name für Weizen) = Gattung, gehört zu den Süßgräsern (Poaceae) und ist mit dem Zuckerrohr verwandt.

Herkunft und Beschreibung
Seit mehr als 10.000 Jahren ist für den Menschen das Getreide als Grundnahrungsmittel nachgewiesen. Aus der Verwandtschaft mit den „wilden“ Vorfahren, den Gräsern, sind wichtige Eigenschaften bei allen Getreiden erkennbar: Große Widerstandskraft, relativ bescheidene Boden-ansprüche, hohe Erträge, Wachstum praktisch in allen Weltregionen, lange Lagerfähigkeit, kompakte Nährstoffspeicher und vielseitige Verzehrmöglichkeiten.

Der Weizen stammt wahrscheinlich aus Mittelasien, wanderte nach dem Osten (China) und nach dem Westen. Im Zweistromland wurde er wohl zur Grundlage des Ackerbaus, aus dem 4. Jahrhundert findet man Weizen- und Gerstenkörner in Ägypten. Durch Handelsbeziehungen wanderte der Weizen von Ägypten nach Kreta, von dort gelangte er über Griechenland nach Europa.

Die Weizenkultur ist wegen des Wärmebedarfs klimatisch begrenzter als die von Roggen oder Gerste. Aber allmählich wanderte der Weizen doch bis zum Norden. Er ist das anspruchsvollste Getreide bezüglich der Qualität des Bodens. Heute kennen wir zahlreiche Sorten der Triticum-Arten, die in ihren Eigenschaften sehr verschieden sind.

Gradmann* unterscheidet folgende Gruppen:
1. Triticum monococcum (Einkorn)
2. Triticum sativum:
a) subspecies dicoccum (Emmer),
b) subspecies spelta (Spelt oder Dinkel),
c) subspecies tenax (echter Weizen, tenax = zäh)

Botaniker gliedern die Weizengattung in drei Abstammungs- oder Zuchtlinien: Einkorn-Reihe, Emmer-Reihe und Dinkel (Weichweizen)-Reihe
Das Wissen um diese botanische bzw. genetische Systematik der Herkunft der Weizenarten und ihre Entwicklung aus den Ursprungsformen, lässt praktische Rückschlüsse zu. Mit bestimmten Sorten können Wachstumseigenschaften und Einsatzmöglichkeiten in der Vollkornküche verbunden werden. Z.B. lässt sich innerhalb der Weizenarten eine küchentechnische Unterscheidung in Mehl- und Grießweizen treffen.

Der sogenannte Fruchtbare Halbmond
Das Ursprungsgebiet des sesshaften Bauerntums lag im Vorderen Orient (heute Naher Osten), entlang der Gebirgsketten zwischen der südlichen Türkei und dem westlichen Iran, im so genannten „Fruchtbaren Halbmond“. Hier kommen die nachweislich zuerst gezüchteten Haustiere Schaf und Ziege sowie die ersten Getreidearten, Emmer-Weizen und zweizeilige Gerste noch heute als Wildform vor.

WeichweizenTriticum aestivum L.
begrannt und unbegrannt, freischneidende Formen (Nacktformen), Brotgetreide

Beschreibung
„Weizen“ ist der Sammelbegriff für 6 verschiedene Triticum-Arten. Landwirte, Handel und Bäckereien bezeichnen jedoch den Weichweizen (Triticum aestivum = der im Sommer wächst) umgangssprachlich als Weizen. Weichweizen wird als zweitältestes Getreide (Funde aus Syrien 7.800 Jahre v. Chr.) fast seit 10.000 Jahren kultiviert. Zur Zeit der Römer entwickelte sich großräumiger Anbau dieser freidreschenden Art. Bis dahin waren die bespelzten Formen Einkorn, Emmer, Dinkel und auch Gerste weit verbreitet. Erst in den 1960er Jahren ist Weichweizen in Deutschland zur häufigsten Brotfrucht geworden. Vorher war, mit Ausnahme von regional begrenztem Dinkelanbau, ca. 10.000 Jahre lang der Roggen das Brotgetreide. Weichweizen hat keine wilden Vorfahren. Er ist durch mehrmaliges Hybridisieren (Kreuzung gleicher Arten) mit anderen Triticum– und Wildgrasarten entstanden. Die Ähren sind kompakter als die locker aufgebauten Dinkelähren gestaltet. Pro Ährchen finden sich durchschnittlich 3 – 5 Samen (bei Dinkel 2), die höhere Stärke bzw. Mehlgehalte aufweisen. Daher der Name Weichweizen und seine Einordnung als Mehlweizen. Alle Weizenarten benötigen zum Wachsen und Reifen gute, nährstoffreiche Böden und sonniges, warmes Klima. Die überwiegend zu den so genannten Langtagspflanzen (für Blütenbildung werden mehr als 14 Stunden Belichtung pro Tag benötigt) zählenden Weizenarten werden auf Grund ihrer großen Qualitätsunterschiede vom Bundessortenamt in 5 Kategorien eingestuft: E = Eliteweizen, A = Qualitätsweizen,
B = Brotweizen , K = Keksweizen,
C = sonstige Weizen (auch Futterweizen)

In Deutschland wird Weichweizen überwiegend als Winterfrucht angebaut. In den letzten Jahrzehnten wurde er stark züchterisch bearbeitet. Die daraus entstandenen Hochleistungssorten bringen im konventionellen Anbau (Anwendung von Kunstdünger und chemischen Pflanzenschutzmitteln) Erträge bis über 100 dt pro Hektar
(dt = 1 Dezitonne = 100 kg). Diese mit Labormethoden und Gentechnik gezüchteten Sorten passen nicht zu ökologischen Anbaubedingungen und entsprechen nicht mehr den gewünschten und ursprünglichen Backqualitäten. Erfreulicherweise hat der „Verein zur Förderung der Saatgutforschung“ in Salem am Bodensee durch biologisch-dynamische Züchtungen neue Weichweizen-Sorten hervorgebracht, die den üblichen Bewertungsmaßstäben wie Ertrag, Pflanzengesundheit und Backqualität standhalten und außerdem für unterschiedliche Standorte geeignet sind.

Weichweizen in der Vollkornküche
Seine einzigartige Eignung sowohl für müllereitechnische als auch für die backtechnische Nutzung resultiert aus den relativ dickbauchigen, weich strukturierten Samenkörnern mit glatter Außenhaut. So lassen sich unterschiedliche Mehlqualitäten für die Herstellung zahlreicher Brot- und Feinbackwaren gewinnen. Kein anderes Getreide (auch nicht die anderen Weizenarten) bietet so vielfältige Verwendungsmöglichkeiten in Nahrungsmittel- und anderen Industrien, wie der Weichweizen. Da viele Untersorten des „Alleskönners“ Weichweizen auch in gemäßigten Klimazonen gute Erträge bringen, findet er auch in der Vollkornküche (natürlich aus biologischem Anbau) viel Verwendung. Für Getreidefrischkost, Brote, Brötchen, Fein- und Pfannengebäcke, Suppen, Soßen, Aufläufe u.v.m. ist er bestens geeignet. Dies ändert jedoch nichts an der Wichtigkeit, alte Getreidearten, wegen ihrer vielfältigen Bedeutung zu erhalten. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die erfolgreiche Weiterentwicklung unserer Kulturpflanzen und damit entscheidend für die künftige Nahrungssicherheit der Menschen, ist die Erhaltung innerartlicher Pflanzenvielfalt. Alte Arten bilden ein hervorragendes genetisches Potenzial für die alternative Pflanzenzüchtung. Samen in Genbanken aufzubewahren reicht dafür nicht aus. Die Pflanzen müssen vielfach reproduziert werden, um sie den veränderten Ackerbau- und Klimabedingungen anzupassen. Aus ökologischer Sicht wäre dies für die Zukunft von größter Bedeutung und sollte als eine gemeinschaftliche Aufgabe auch von Konsumenten getragen werden. Wir tragen also beim Kauf von Einkorn, Emmer, Kamut und Dinkel mit ihren für uns wichtigen Nähr-und Vitalstoffreichtum (und guter Backfähigkeit) entscheidend zur Erhaltung alter Arten bei.

Weizen-Vollkorn Waffeln
125 g Flüssigkeit (halb Wasser, halb Sahne)
100 g Weizenvollkornmehl (oder Dinkelvollkornmehl)
1 EL Leinsamen (fein gemahlen)
1/2 TL unjodiertes Salz
1 EL zerlassene Butter
Öl zum Backen

Vollkornmehl, Leinsamen, Salz, Wasser-Sahne-Gemisch und zerlassene Butter gut verrühren und ca. 40 Minuten quellen lassen. Der Teig sollte leicht flüssig sein. Beide Heizflächen des vorgeheizten Waffeleisens mit Öl einpinseln, 2 EL Teig hineingeben, gut auf der ganzen Fläche verteilen und bei mittlerer Heizstufe goldbraun backen.
Es können sowohl süße Zulagen, wie Sahne, Honig, Früchte, Kompott, als auch herzhafte Zulagen, wie Kräutersoßen, Pesto, Chutney oder Gemüsesalate dazu gegessen werden.

Rotkornweizen Triticum aestivum L. ssp. purpurea
Beim Rotkornweizen handelt es sich um eine uralte, fast vergessene Weizenart. Der aus Ostafrika stammende Rotkornweizen wurde 1872 an der Küste des Roten Meeres gefunden. Von Bio-Bauern wiederentdeckt, wird er jetzt in Österreich und Süditalien angebaut. Er ist anpassungs- und widerstandsfähig (vor allem gegen Rostbefall) und benötigt keine Stickstoffdüngung. Seine weinrote Farbe verdankt er den in seiner Schale enthaltenen Anthocyanen (auch rotschaliger Weizen genannt).Diese Anthozyane, die ein natürlicher Sonnenschutz für die Pflanzen sind, schützen unsere Zellen vor freien Radikalen und ermöglichen so ein ungehindertes Wirken der Zellproteine (antioxidative Wirkung). Prof. Dr. Jan Sneyd (ehemals tätig an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nütringen-Geislingen) bewahrt Getreidesorten vor der Vergessenheit. Er kreuzte z.B. Rotkornweizen, den ihm seine Studenten aus Russland mitbrachten, mit hellkörnigen deutschen Weizen (Drineu). Bisherige Analysen bestätigen, dass dieser nicht nur im Vergleich mit „normalem“ typischem Brotweizen einen deutlich höheren antioxidativen Wert aufweist, sondern dass er auch die Messwerte von Tomaten, Ingwer und Olivenöl übersteigt. Z.Zt. befindet sich der Rotkornweizen auf den schwäbischen Böden in der Vermehrungsphase. In der Oberpfalz züchtet die Familie Kleider mit Rotkornweizenproben aus Neuseeland die Sorte „Granat Rotkornweizen“.

Als Vollkornmehl, mit allen Bestandteilen der Kornschale gemahlen, behält Rotkornweizen seine rote Farbe auch nach dem Ausbacken des Teiges. Die Backwaren haben eine dunkel schimmernde weinrote Farbe und einen nussigen Geschmack. Rotkornweizen eignet sich zur Herstellung von Brot, Kuchen, Pfannkuchen, Klein- und Süßgebäcken, sowie als Getreidefrischkost (geschrotet, gekeimt oder geflockt).

HartweizenTriticum durum Desf. (hart)
begrannt, freidreschend (Grießweizen)

Beschreibung
Hartweizen gilt als Abkömmling der Urweizenform Emmer. Er stammt aus dem sogenannten „Fruchtbaren Halbmond“, d.h. einem Vielfaltszentrum im Nahen Osten mit trocken-heißem Klima. Der bei uns im Naturkost-Fachhandel angebotene Hartweizen stammt aus italienischem (ökologischem) Anbau.

Die Pflanze wächst langstrohig auf und zeigt wenig Standfestigkeit auf dem Halm. Sie benötigt gute, nährstoffreiche Böden und zusätzlich Wärme. Die Ähren sind lang begrannt, die Samen können freidreschend geerntet werden. Pro Ähre können beidseits der Spindel 15 – 20 Ährchen ausgebildet werden, die mit durchschnittlich zwei Körnern besetzt sind.

Das Mahlgut der schlanken, harten, glasig-schimmernden Hartweizenkörner ist grießig, hellgelb und wird nur noch vom Kamut-Vollkornmehl übertroffen. Bedingt durch die Beschaffenheit des Klebereiweißes eignet sich Durum hervorragend für alle Zubereitungen, die eine starke Teigbindung erfordern (also für das Programm „tiereiweißfrei“).

Hartweizen in der Vollwertküche
Hartweizen gilt nicht als Brotfrucht, sondern allein als „Spezialist für die Nudel- und Grießherstellung“. Für die Vollwertküche ist dieser Grießweizen eine enorme Bereicherung, besonders, wenn die tierischen Eiweiße (z.B. Eier, Quark, Joghurt, Milch) weggelassen werden(müssen), die früher für gute Teigbindung genommen wurden. Aus allen Grießweizen lassen sich im Übrigen auch Vollkornbrote backen. Allerdings geraten sie fester und verdichteter in der Krume. 5 – 10 % einer Grießweizensorte unter das Vollkornmehl aus Mehlweizen zu mengen, kann helfen Teigbindung, Teigvolumen, Gärverhalten und damit die Gebäckqualität entscheidend zu verbessern.

Mohnzöpfchen (Gutjahr/Richter, 1995)
Zutaten:
200 g Hartweizen, fein gemahlen
300 g Dinkel, fein gemahlen
200 g Sahne
150 g Wasser
1 Würfel Hefe
1 TL unjodiertes Salz
Sahne zum Bestreichen und Mohn

Zubereitung:
Alle Zutaten mischen und gut kneten. 45 Minuten gehen lassen. Den Teig nochmals gut kneten und in 8 Stücke teilen. Jedes Stück dreiteilen und in kleine Stränge von ca. 18 cm Länge rollen. Zöpfchen flechten, mit Sahne bestreichen und mit Mohn (oder auch Sesam) bestreuen. Auf dem gefetteten Backblech 15 Minuten gehen lassen. In den auf 250 Grad vorgeheizten Ofen schieben, und ca. 15 Minuten mit Dampf (Schüssel mit Wasser in den Ofen stellen) backen.

Mögliche Zubereitungen aus und mit Getreide:
Getreidefrischkost süß/herzhaft aus Vollkornschrot/-mehl, geflockt und gekeimt, warme Getreidespeisen süß/herzhaft, Brotaufstriche, Brötchen und Brote, Kuchen, Torten, Kleingebäck, Waffeln, Suppen, Soßen süß/herzhaft, Nudeln, Klöße, Pfannkuchen, Aufläufe, Süßspeisen.

Alle Weizenarten allein oder kombiniert lassen sich zu sehr schmackhafter Getreidefrischkost zubereiten, entweder geschrotet, geflockt oder gekeimt. Als Ganzkorn gegart können Weizenarten gute Beilagen zu Gemüse sein, besonders Dinkel und Kamut.
Der größte Teil der steigenden Getreideernten in Mitteleuropa wird nicht für den direkten Verzehr von Brot oder Teigwaren, sondern vor allem für die Tierfütterung verwendet. Dies stellt eine umweltbelastende, beispiellose und unnötige Verschwendung für die Ernährung der gesamten Weltbevölkerung dar.

Rezept Frischkorngericht nach Prof. Kollath
Drei Esslöffel Einkorn (oder natürlich auch anderes Getreide) werden in einer Getreidemühle, in einem Mixapparat oder einer Kaffeemühle grob geschrotet. Das Mahlen muss jedes Mal frisch vor der Zubereitung vorgenommen werden. Nicht auf Vorrat mahlen! Dabei spielt es keine Rolle, ob die Getreidemühle mit Mahlsteinen oder einem Stahlmahlwerk arbeitet. Das gemahlene Getreide wird mit ungekochtem Leitungswasser zu einem Brei gerührt und 5 – 12 Stunden stehen gelassen. Die Wassermenge ist so berechnet, dass nach Quellung nichts weggegossen zu werden braucht. Nach 5 – 12 Stunden wird dieser Brei tischfertig gemacht durch Zusatz von frischem Obst (je nach Jahreszeit), etwas Zitronensaft, 1 – 2 Esslöffel Sahne (kann bei veganer Ernährung weggelassen werden) und geriebenen Nüssen. Solange verfügbar, sollte man immer einen Apfel hineinreiben und sogleich untermischen, bevor er braun wird. Der geriebene Apfel macht den Frischkornbrei luftig und wohlschmeckend. Es ist ohne Belang, zu welcher Tageszeit dieses Gericht genossen wird.

Allgemeine Hinweise
Vollkorndefinition:

  • Getreide der jeweiligen Art und Sorte sollte zu 95 – 98 % keimfähig sein
  • frisch gemahlen als Vollkornschrot (grob), als Vollkornmehl (fein) oder geflockt ohne Lagerung sofort verzehrt/verarbeitet
  • aus frisch gemahlenen Vollkornschrot/-mehl wird „echtes“ Vollkornbrot gebacken
  • Getreide aus ökologischer Herkunft

Wir sollten weder pestizidbehandelte noch gentechnisch veränderte Getreidesorten (gilt natürlich auch für Gemüse und Obst) und auch keine Nahrung, die Gentechnikanteile enthält, verzehren.

Es ist grundsätzlich sehr zu begrüßen, wenn Urgetreide im ökologischen Anbau rekultiviert wird und so seine genetischen Anlagen erhalten bleiben. Seit Jahrzehnten beobachten wir im Pflanzenbau die umgekehrte Entwicklung, nämlich die Verarmung und Gleichmacherei innerhalb der wenigen Hochleistungssorten, den sogenannten „Weltwirtschaftspflanzen“ bis hin zur Patentierung von gentechnisch veränderten Pflanzen. Dank an alle die Öko-Betriebe, die sich der Vermehrung alter Pflanzenarten annehmen – und dies trotz Mehrarbeit und weniger Erlös im Verhältnis zu den Hochleistungssorten.

Tierisches Eiweiß ist in größeren Mengen enthalten in: Fleisch, Wurst, Fisch, Eiern, Milch, Quark, Joghurt und Käse. Bei zu hohem Verzehr dieser denaturierten (durch Erhitzung entsteht eine veränderte Molekularstruktur des Eiweißes) als auch artfremden tierischen Eiweiß-Produkten, die der Organismus als Fremdkörper „behandelt“ wird der Eiweißstoffwechsel, der auch mit anderen Stoffwechselvorgängen im Organismus verbunden ist, empfindlich gestört. Daher ist es empfehlenswert, diese Produkte möglichst zu reduzieren oder im Krankheitsfall auch zu meiden. Beim Backen ist dies z.B. durch die Verwendung des richtigen Mehls möglich.

Phasen der Kornreifung
Milchreife: Der Feuchtigkeitsgehalt in den Samen macht ca. 50 % aus, die Einlagerung von Eiweiß ist beendet.
Gelbreife: Der Feuchtigkeitsgehalt ist auf 30 – 40 % reduziert, die Inhaltsstoffe sind fester geworden, die Einlagerung der Stärke ist abgeschlossen.
Vollreife: Der Feuchtigkeitsgehalt ist unter 20 % abgesunken, die Ernte kann beginnen.
Totreife (Lagerreife): Der Feuchtigkeitsgehalt beträgt jetzt ca. 13 %, die Körner zeigen sich hart-spröde und lösen sich aus der Ähre. Das Korn ist lager- und mahlfähig. Die volle Backfähigkeit der Brotgetreide wird allerdings erst 6 – 8 Wochen nach der Ernte erreicht.

Ein Getreidekorn enthält durchschnittlich 70 % Stärke, 11 % Eiweiß, 2 % Fett, 2,5 % Faserstoffe und viele Vitalstoffe wie Vitamine (das in der Schale enthaltene Vitamin B1 ist für den Abbau von Glukose im Kohlenhydratstoffwechsel unentbehrlich!), Mineralstoffe, Spurenelemente, ungesättigte Fettsäuren und Enzyme.

Aus Weizenkörnern lässt sich auch Malz für die Herstellung von Weizenbier (Weißbier/Bier), Kornbranntwein (Whisky) oder reiner Alkohol (Ethanol) gewinnen. Als „Weizengras“ wird der Saft von Keimlingen des Weizens im Handel angeboten. Das ebenfalls angebotene Weizenkeimöl mit seiner niedrigen Oxidationsstabilität hat einen geringen Ölgehalt und besteht zu über 60% aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren.

Gesundheitliche Aspekte
Vollkorn (in Form von Frischkorngerichten und Vollkornbroten) bildet die Grundlage zur Erhaltung und Wiedergewinnung der Gesundheit. Es ist somit unentbehrlich. Der besonders im Vollgetreide vorkommende Vitamin-B-Komplex (in den Randschichten des Korns) hat eine zentrale Bedeutung für die Stoffwechselvorgänge in unserem Organismus. Ohne Vollkornbrot und Frischkorngerichte ist die Versorgung mit dem wichtigen Vitamin B1 (Thiamin oder wegen seiner Bedeutung für das Nervensystem auch Aneurin genannt) nicht ausreichend. Kein anderes Lebensmittel enthält auf so kleinem Raum so viel Vitamin B1 wie der Getreidekeim. Für die ungestörte und reibungslose Verarbeitung der Stärke im Getreidekorn benötigt der Organismus mehrere Vitamine des B-Komplexes und andere Vitalstoffe, die das volle Korn auch ebenfalls beinhaltet. Der Traubenzucker durchläuft bei seinem Abbau zu Kohlensäure mehrere Zwischenstufen. Dieser Abbau von Stufe zu Stufe kann nur bei Anwesenheit verschiedener Vitalstoffe und Vitamine erfolgen, wobei das Vitamin B1 die größte Rolle spielt. Durch die Entfernung des Keims und/oder der Schale fehlen B1 und die meisten anderen Vitalstoffe, so dass es beim Verzehr von Auszugsmehl-Produkten zu erheblichen Störungen im Stoffwechsel kommt, deren hierdurch verursachte Beschwerden/Krankheiten sich oft erst nach 20 – 30 Jahren zeigen (Forschungen Prof. Kollath). Auch die beiden englischen Ärzte Cleave (1906-1983) und Campbell belegten die Entstehung von ernährungsbedingten Zivilisations-krankheiten durch jahrzehntelange, vitalstoffarme Mangelkost (raffinierte Kohlenhydrate in Form von Fabrikzucker und Auszugsmehlen). Dieses Wissen ist bereits seit langem bekannt (einige Forscher: Heubner 1843-1926, Herter 1865-1910, Bircher-Benner 1867-1939), wird aber von der Nahrungsmittelindustrie, deren Lobbyisten und auch der Pharmaindustrie penetrant ignoriert. Denn mit den verarbeiteten, länger haltbar gemachten, schnell zuzubereitenden (Pulver in Wasser rühren oder vorgefertigte Produkte nur noch zu erwärmen) Nahrungsmitteln, die im Gegensatz zu den Lebensmitteln so gut wie keine Vitalstoffe (biologische Wirkstoffe) mehr enthalten, ist viel einfacher Profit zu machen. Die Politik und die Medien machen dabei ungeniert mit, da auch sie Vorteile davon haben.

Das Klebereiweiß Gluten hat im Getreidekorn ebenso große gesundheitliche Bedeutung wie die Schale und der Keim. Obwohl das Vollkornbrot eine viel bessere Verdaulichkeit gegenüber dem Auszugsmehl hat, weil es durch die Funktion seiner vorhandenen Vitalstoffe eine kürzere Verweildauer im Magen bewirkt, sagen manche Menschen, dass sie es nicht vertragen würden (die Bezeichnung „Gluten-Allergie“ ist nicht zutreffend). Dies liegt aber nicht am Vollkorn, sondern ist von der Zusammensetzung der übrigen Nahrung abhängig. Alle Nahrungsmittel, die mit künstlichen Fabrikzuckerarten gesüßt sind, bewirken bei empfindlichen Menschen, dass Beschwerden auftreten können, falls auch Vollkornbrot gegessen wird. Das heißt, dass Fabrikzucker und manchmal auch gekochtes Obst und Säfte vermieden werden müssen, falls Vollkornbrot nicht vertragen wird. (Fabrikzucker ist leicht durch süße Früchte, Honig oder Trockenfrüchte zu ersetzen, die im Gegensatz zu Fabrikzucker natürliche Kohlenhydrate und auch die erforderlichen Vitalstoffe enthalten. Bei vielen Lebensmitteln ist ein zusätzliches Süßen gar nicht nötig.)

Bei glutenfreien Spezialprodukten werden vom Hersteller mehr Fett (minderwertige Industriefette) und Fabrikzucker untergemischt, um den Mangel an Getreide-Inhaltsstoffen zu ersetzen. Einem glutenfreien Kuchen werden für seinen Zusammenhalt (als Ersatz für Gluten) Zusatzstoffe wie Polysaccharide (Mehrfachzucker) zugefügt. Ein fades Reis-Brot, das natürlicherweise kein Gluten enthält, wird mit Öl, Emulgatoren, Fabrikzucker und Salz aufgepeppt, damit es mit Roggenbrot mithalten kann. Wegen des höheren glykämischen Indexes der Ersatzprodukte scheint das Risiko für Übergewicht sogar anzusteigen, berichten italienische Forscher 2016 in der Fachzeitschrift „Clinical Nutrition“. Zudem mangelt es dieser glutenfreien Kost an den Vitaminen D, B12, Folsäure und Mineralien, während andere Inhaltsstoffe bedenklich sind. Eine „Ansammlung von Schwermetallen bei Menschen während einer glutenfreien Ernährung“ stellte ein amerikanisches Team dieses Jahr in der Fachzeitschrift „Clinical Gastroenterology and Hepatology“ fest. Im Blut von gesunden Gluten-Verächtern fanden sich erhöhte Konzentrationen von Blei, Quecksilber und Arsen.
Eine echte Glutenunverträglichkeit besteht nur bei der eindeutig diagnostizierten Darmkrankheit Zöliakie, deren Ursache die jahrelange vitalstoffarme Zivilisationskost ist (nicht das Gluten!).

Aufbewahrung von Brot
Selbstgebackenes Sauerteigbrot in ein Geschirrtuch einwickeln und dann in eine Plastiktüte (wiederverwendbar, kompostierbar) stecken und nicht fest verschließen. Im kühlen Raum (ideal sind 15 Grad) gelagert, hält das Brot bis zu 3 Wochen. Für kurzfristige Aufbewahrung reicht es, das Brot mit der Schnittfläche auf ein Holzbrett zu stellen und mit einem Geschirrtuch abzudecken.

Einteilung der Getreidesorten in der Vollwertküche:

Mehlweizen: Hohe Stärke-/Mehlgehalte
Einkorn, Dinkel, alle Weichweizensorten

Grießweizen: Hohe Bindefähigkeit, gut für tiereiweißfreie Vollwertkost
Emmer, Hartweizen, Kamut

Breigetreide: Alleine nicht backfähig
Gerste, Hafer, Hirse, Reis, Mais,

Brotgetreide:
Einkorn, Emmer, Dinkel, Kamut, Hartweizen, Weichweizen, Roggen, Tritikale (Kreuzung zwischen Weizen und Roggen)

Bedeutung der Typenbezeichnungen bei verpackten Weizenmehlen

Die Typenbezeichnung gibt an, wie viele hitzebeständige Mineralstoffe (zurückbleibende „Asche“) bei der Verbrennung von Mehl in Gramm in wasserfreiem Mehl enthalten sind. Beispiel: Weichweizen-Mehltype 405 enthält ca. 405 g Rest-Aschegehalt im Mehl. Je höher die Typenzahl, desto entsprechend höher zeigt sich der Rest-Aschegehalt im Mehl. Alle gewerblichen Typenmehle sind keine Vollkornmehle.

Der Ausmahlungsgrad gibt den Gewichtsanteil des beim Vermahlen von Getreide gewonnenen Mehls an. Vollkorn entspricht einem Ausmahlungsgrad von 100 %, da keinerlei Absonderungen erfolgen. Je geringer der Ausmahlungsgrad, desto größer sind die Verluste an Vitalstoffen.

Weizenmehl Typ 405 hat den niedrigsten Ausmahlungsgrad. Es besteht aus den bei der Vermahlung zuerst angefallenen Mehlen (= Ausmahlungsgrad 0 – 40), ist gut backfähig und wird „Auszugsmehl“ genannt, weil es vorweg aus der Mitte des Stärkekerns „ausgezogen“ wird. Mehle der Type 550 stellen einen geringfügig höheren Auszug dar.

Mehl der Type 812 wird als „Vollmehl“ bezeichnet. Es ist das müllereitechnisch gewinnbare Mehl ohne größere Schalenanteile (= Ausmahlungsgrad 0 – 73) und ist im Verhältnis zu den Typen 405/550 etwas weniger gut backfähig.

Mehle der Typen 1050, 1200 und 1600 sind mineralstoffreicher (= Ausmahlungsgrad 40 – 80). Ihnen fehlt das kleberhaltige Mehl aus der Kornmitte. Sie sind also nicht gut backfähig.

„Backschrot“ Type 1700 ist das durchgemahlene Korn, bei dem nur der Keimling vorher abgetrennt wurde.

„Vollkornmahlerzeugnisse“ werden aus dem vollen Korn mit noch anhaftender Keimanlage ermahlen. Vollkornmehle (fein) und Vollkornschrote (grob) werden nicht als Type geführt.

Jedes Auszugsmehl, gleichgültig mit welcher Typen-Zahl, ist ein minderwertiges Produkt und wird in der Vollwertküche nicht verwendet, gleichgültig, ob es aus konventionellem oder biologisch/ökologischem Anbau des Getreides stammt.

Ausmahlverluste Weizen

Inhaltsstoffe des vollen Getreides

Erläuterungen zu einigen Getreideprodukten

Bulgur- Weizen: Aus Weichweizen oder Dinkel, geschältes, geschliffenes Ganz- oder Bruchkorn, wird vorgegart und wieder getrocknet. In tropischen und subtropischen Ländern ist es ein bevorzugtes Nahrungsmittel, das gut lagerfähig und schnell zuzubereiten ist. – Kein Vollkorn

Couscous: Couscous wird aus Weich- und/oder Hartweizengrieß, aus Hirse oder einer Mischung dieser Getreide hergestellt. Das Mahlgut wird zu Kügelchen gepresst, im Wasserdampf vorgegart, wieder getrocknet und in den Handel gebracht. Später kann Couscous nach dem Aufquellen in Wasser gegart oder in Öl ausgebraten werden. Dieses nordafrikanische Nationalgericht ist in den heißen Ländern lange lagerfähig und rasch zubereitet. – Kein Vollkorn

Graupen: Spelzgerste geschält, geschliffen, als „Rollgerste“ vom Keim und den Randschichten befreit. Übrig bleibt der Stärkekern oder weiße Stärkekugeln = Graupen in kleiner oder großer Formung. In zerkleinerter Form wird Grütze daraus. Sie sind auch aus anderen Getreidearten angeboten. – Kein Vollkorn

Getreideflocken: Auch sie werden teilweise „mit Randschichten und Keim als Vollkorn-Flocken“ angeboten. Vorgefertigte Flocken können niemals echte Vollkornflocken sein, sie werden gedämpft, um lange haltbar zu sein. – Kein Vollkorn

Grieß: Es ist ein müllereitechnischer Begriff für die beim Mahlen entstehenden Teilstückchen des Getreidekorns – hauptsächlich von Hartweizen und Dinkel. Es sind die harten Kornbestandteile, befreit von staubförmigen Mehlpartikeln, die einen Grieß ausmachen. Im Naturkostfachhandel wird Grieß aus Dinkel und Hartweizen angeboten, als „Vollwert-Grieß mit Randschichten und ohne Keim“ und als „Vollkorn-Grieß mit Randschichten und mit Keim“. Beide Angebote – verpackt in Glaspapier – tragen ein Haltbarkeitsdatum von mehreren Monaten; das heißt Hitzekonservierung ist vorausgegangen. – Kein Vollkorn

 

Das Brot, wie es heutigestags zubereitet und

von der Majorität der Kulturmenschheit genossen wird,

verdient nicht mehr den Namen „Brot“,

denn es besteht aus reinem, kleielosen Mehl,

oft von zweifelhafter Qualität, und ist

die Quelle vieler Beschwerden und Leiden.

Platen, 1898

 

Quellenverzeichnis:

Dr. med. M. O. Bruker, „Unsere Nahrung-unser Schicksal“, emu-Verlag 1986, 47. Auflage
Waltraud Becker, „Korngesund – Das Getreide-Handbuch“, emu-Verlag 2003
Prof. Dr. Werner Kollath, „Die Ordnung unserer Nahrung“, Hippokrates Verlag 1977, Haug Verlag ab 1998
Waltraud Becker, „Lust ohne Reue“, emu-Verlag 1996
Waltraud Becker/Ute Olk, „Leitfaden für Hobbybäcker“, emu-Verlag 2014
Ilse Gutjahr, „Das große Dr. M. O. Bruker Ernährungsbuch“, emu-Verlag 1996
Ilse Gutjahr/Erika Richter, „Streicheleinheiten“, emu-Verlag 1995
Fachmagazin „Der Gesundheitsberater“ Juli 2015, Artikel „Der Weizen ist an allem Schuld“, Ilse Gutjahr-Jung
Fachmagazin „Der Gesundheitsberater“ Januar 2019, Artikel „Ungesunder Verzicht“ Michael Brendler (Sonntagszeitung FAZ v. 18.11.18 (Wissenschaft Seite 64 – Ausgabe D1, D2,B, M, R)
Fachmagazin „Der Gesundheitsberater“ Juni 2013, Artikel „Granatrotkornweizen“ Waltraud Becker
Prof. Dr. Heinz Brücher, „Die Sieben Säulen Der Welternährung“, Verlag von Waldemar Kramer, Frankfurt am Main, 1982
* Gradmann, Rob., Jena 1909, „Der Getreideanbau im deutschen und römischen Altertum, Costenoble“, Jena 1909

Autorin Text und Zeichnungen: Anna Telöken, Gesundheitsberaterin GGB
www.gesundheitsberatung-teloeken.de