Pflanze des Monats Mai 2010 – Vogel-Kirsche
Botanischer Name: Prunus avium (L.) L.
Deutsche Namen: Vogel-Kirsche
Süß-Kirsche,
Wild-Kirsche,
Wald-Kirsche
Englischer Name: Wild Cherry
Pflanzenfamilie: Rosaceae (Rosengewächse)
Heimat / Geschichte:
Die Vogel-Kirsche (Prunus avium (L.) L.) ist in ihrem natürlichen Vorkommen, außer im äußeren Norden, in Europa verbreitet. Sie wächst auch in Kleinasien, in West-Sibirien und in den Alpen bis zu einer Höhe von 1500 m. Das lateinische Wort „avium“ leitet sich von „avis“ wie Vogel ab. Avium bezieht sich darauf, dass die Früchte gerne von Vögeln gefressen werden.
Die Vogel-Kirsche ist die Wildform der schon im Altertum im Mittelmeerraum kultivierten Süßkirschen. In der Mythologie galt der Kirschbaum als Wohnstätte von Waldgeistern und somit als unheimlich.
Ein Brauchtum um den Kirschbaum hat sich bis heute erhalten. „Barbarazweige“, am 4. Dezember geschnitten, erblühen Weihnachten.
Erblühten sie früher zur Wintersonnenwende nicht, galt das als schlechtes Zeichen für das kommende Jahr, blühten sie, war es ein gutes Zeichen.
Das Kuratorium „Baum des Jahres“ hat die attraktive und ökologisch wertvolle Vogel-Kirsche zum „Baum des Jahres 2010“ gewählt.
Botanik:
Die Vogel-Kirsche (Prunus avium ( L.) L.) ist eine von 430 Arten der Gattung Prunus, die zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört. Sie ist ein sehr frostharter, sommergrüner, laubabwerfender Steinobstbaum, der bis 30 m hoch, 10 m breit und etwa 100 Jahre alt werden kann. Die Krone ist breit, kegelförmig. Auffallend ist die rot gestreifte Ringelborke am oft kräftigen, geraden Stamm. Er kann einen Durchmesser von 80 cm erreichen. Die Vogel-Kirsche ist ein so genannter Herzwurzler mit ausgeprägten weit reichenden Seitenwurzeln. Die Wurzeln wachsen bei lockerem Boden bis zu 3 m in die Tiefe, bei dichtem Boden etwa bis zu 70 cm.
Die wenig biegsamen Zweige sind dick mit vielen seitlichen Kurztrieben. Die jungen Triebe sind kahl. Die 6 cm bis 15 cm dünnen, eilänglichen, schlank zugespitzten, unregelmäßig gesägten, wechselständigen Blätter sitzen an bis 3 cm langen Stielen.
Die jungen Blätter sind bronzegrün, später dunkelgrün. Attraktiv ist auch die Herbstfärbung, die von gelb, orange bis rot reicht. Das Laub ist ökologisch wertvoll, da es leicht zersetzbar ist und so zur Bodenverbesserung beiträgt. Die weißen Blüten erscheinen von April bis Mai in sitzenden, büschelförmigen Dolden am vorjährigen Holz. Die Blütenstiele sind 3 cm bis 5 cm lang. Bald nach der Blüte erfolgt der Blattaustrieb. Die Blüten setzen sich aus je 5 Kelch- und Kronblättern zusammen.
Sie haben einen Durchmesser von 2,5 cm bis 3 cm und etwa 20 Staubblätter, die kürzer als die Kronblätter sind. Sie blühen etwa 10 Tage und haben einen leichten, angenehmen Duft.
Die Bäume sind einhäusig, und die Bestäubung erfolgt durch Insekten, hauptsächlich Bienen.
Die Fruchtreife findet im Juli statt. Die Kirschen sind kugelig, schwarzrot und haben nur einen Durchmesser von 9 mm bis 16 mm. Das Fruchtfleisch schmeckt leicht bittersüß, nicht sauer. Der helle Stein ist eiförmig, glatt und etwa 7 mm bis 9 mm lang.
Von den Kirschen ernährt sich eine Vielzahl von Tieren, und das trägt so zur Verbreitung der Steine als Saatgut bei.
Die Vogel-Kirsche ist anfällig für Pilze und Insekten, besonders für Schwarze
Kirschläuse.
Standort / Verwendung:
Die Vogel-Kirsche (Prunus avium (L.) L.) wächst in Laub- und Nadelmischwäldern, auch an ihren Hängen und Rändern.
Sie gilt bei uns als der Leitbaum des Bergischen Landes und ist im Frühling mit ihrer Fülle schneeweißer Blüten eindrucksvoll und unübersehbar. Zur Verschönerung der Landschaft sollte sie intensiver angepflanzt werden, z.B. auch an Autobahnböschungen.
Sie ist ein wärmeliebendes Halbschattengewächs und bevorzugt sickerfeuchte, tiefgründige, nährstoffreiche Böden mit Kalkgehalt. Auf armen Sandstandorten gedeiht sie nicht.
Besonders in der Biedermeierzeit wurde das feine, rote Kirschholz zu Möbeln verarbeitet. Es ist eines der schönsten und wertvollsten heimischen Nutzhölzer.
Neben der Bedeutung der Vogel-Kirsche als Bienen- und Vogelnährgehölz spielte sie auch in der Volksmedizin eine Rolle. Junge Kirschblätter ergeben einen Haustee z.B. gegen Husten. Unsere Vorfahren verwandten das Baumharz, auch als „Kirschgummi“ und „Katzengold“ bekannt, ebenfalls gegen Husten. Die Harzklumpen wurden dazu in Wein aufgelöst. Das Fruchtfleisch der Kirschen hat einen schmerzstillenden und allgemein die Gesundheit fördernden Effekt. Es wurde früher auch zu Marmelade verarbeitet.
Die Vogel-Kirsche ist zu jeder Jahreszeit eine prachtvolle, schöne und nützliche Besonderheit.
Bäume sind Gedichte,
die die Erde in den Himmel schreibt.
Khalil Gibran
(1883-1931)
Text: Barbara Lawatsch 4/10
Fotos: Prof. Dr. Manfred Brusten
Quellenangabe:
Enke, Fritz: Pareys Blumengärtnerei, Band I, Paul Parey in Berlin und Hamburg, 1958
Krüssmann, Gerd: Handbuch der Laubgehölze, Band III, Paul Parey in Berlin und Hamburg, 1978
Hochschule Wädenswil, 3.Semester 2002, Dendrologie, Portraits einheimischer Waldgehölzarten, Ch-8820 Wädenswil
Ulmers Pflanzenmagazin: Gartenpraxis 5/2003, Eugen Ulmer, Stuttgart