April

Pflanze des Monats April 2009 – Ginkgobaum

Botanischer Name: Ginkgo biloba L.

Deutsche Namen: Ginkgobaum (Silberaprikose)

Pflanzenfamilie: Ginkgoaceae

Heimat / Geschichte: 
Die Heimat des Ginkobaumes, Ginkgo biloba, ist heute im Südosten Chinas zu suchen, dort soll es noch natürliche Vorkommen geben. Ansonsten ist der Ginkgo weltweit als Park- oder Straßenbaum mit großem Erfolg eingesetzt.
Während in den Industriestaaten Ulmen sterben und Eichen kümmern, Kiefern und Fichten an Insektenbefall zugrunden gehen, macht dem Ginkgo die Luftverschmutzung selbst auf der New Yorker Fifth Avenue nichts aus. Er gedeiht sogar in Betonwannen auf Bürgersteigen am Straßenrand.
In China, Korea und Japan wird der Ginkgo in Tempelanlagen gepflanzt und verehrt.
Der Ginkgobaum ist der Rest einer besonders im Mesozoikum vor etwa 150 Mill. Jahren weit verbreiteten, formenreichen Pflanzengruppe, deren Urahnen bereits vor etwa 300 Mill. Jahren entstanden sind. Darwin hat Ginkgo biloba daher als ein lebendes Fossil bezeichnet.
Der Name „Ginkgo“ wurde 1712 zum ersten Mal von Engelbert Kaempfer in seinem Werk „Amoenitates exoticae“ aufgrund eines Übersetzungsfehlers verwendet und stammt aus dem japanischen Wort „Ginkyo“. Gyn = Silber und Kyo = Aprikose. Eingedeutscht bedeutet also „Ginkgo“ biloba „zweilappige Silberaprikose“. Linné übernahm 1771 das Wort „Ginkgo“ als Gattungsnamen, der dadurch nach den Nomenklaturregeln Gültigkeit erlangte. Weitere Trivialnamen sind: Goethebaum, Fächerbaum, Mädchenhaarbaum, Entenfußbaum, Elefantenohrbaum, Japanischer Tempelbaum, Wunderbaum usw.
Naturliebhaber, Dendrologen, aber auch Künstler und Architekten trugen zur Popularisierung des Baumes bei. Ginkgo hat als ästhetisch ansprechender und wissenschaftlich interessanter Baum, der als Zeitgenosse bereits ausgestorbener Tiere und Pflanzen, die Phantasie der Menschen beflügelt, die Herzen von Pflanzenliebhabern und Gehölzspezialisten gleichermaßen erobert.
Die Widerstandsfähigkeit gegen Insektenfraß, Bakterien-, Virus- und Pilzerkrankungen sowie die Feuerbeständigkeit der Rinde und des Holzes (in Hiroshima waren die Ginkgobäume die ersten, die nach der Zerstörung durch die Atombombe wieder ausschlugen und frisches Grün zeigten) führte zu der Auffassung, dass dieser Baum auch eine besondere Bedeutung in der Medizin haben muss.
Das Alter der heute lebenden Bäume wird mit 200 – 2000 Jahren angegeben.
An sehr alten Ginkgobäumen beobachtet man Ausspülungen am Stamm, bzw. an besonders starken Ästen. Hier handelt es sich um Sprossen, die zu brustartigen Gebilden auswachsen und von den Japanern als Chi – Chi = Mutterbrust bezeichnet werden.
Und tatsächlich werden heutzutage die Heilkräfte des Ginkgos vielfältig in der Medizin genutzt. Einige Anwendungsfelder sind z. B. Hirnleistungsstörungen, Durchblutungs-störungen, Tuberkulose, Husten, Asthma, Nervosität, Wurmbefall usw.
Der Ginkgobaum ist der einzige heute noch lebende Vertreter der Ordnung Ginkgoales (Ginkgoartig).

Botanik: 
Der Ginkgobaum, der eine Höhe von 30 – 40 m erreicht, ist zweihäusig, d.h. es gibt männliche und weibliche Exemplare. Die Bäume haben Lang- und Kurztriebe mit langgestielten, fächerförmigen Blättern, die durch ihre gegabelten Nerven auffallen. Zwischen den Nerven liegen Sekretgänge. Häufig haben die Blätter in der Mitte einen mehr oder weniger tiefen Einschnitt (daher der Name biloba= zweilappig), manchmal sind sogar zwei oder drei Einschnitte vorhanden. Dadurch und durch die Gabelnervigkeit erinnern die Blätter an die Fiedern mancher Farnarten (Adiantum). Einige Autoren sprechen von entenfußförmigen Blättern. Die Blätter, die insektizide Wirkung haben, werden im Herbst abgeworfen, wobei der Laubfall bei den männlichen Bäumen fast 4 Wochen früher einsetzt als bei den weiblichen.
Die Blüten stehen in der Achsel von Laubblättern an Kurztrieben. Die männlichen Blüten enthalten zahlreiche Staubblätter, die an einer langen Achse stehen, jedes Staubblatt trägt 2 Pollensäcke. Die Pollenkörner, die durch den Wind übertragen werden, sind im Umriss kreisförmig oder elliptisch und zeigen große Ähnlichkeit mit den Pollenkörnern der Cycadales (Samenfarne).
Ebenso wie bei diesen werden von den Spermazellen zwei Spermatozoiden gebildet, die ein spiraliges Geißelband besitzen. Die weiblichen Blüten, deren morphologische Deutung umstritten ist, haben zwei Samenanlagen, die auf einem langen Stiel stehen und von denen sich meistens nur eine zum Samen entwickelt. Am Grunde des Samens befindet sich ein Ringwulst, der als Rest eines Samenblattes gedeutet wird. Der reife Samen ist gelb, kugelig und hat einen Durchmesser von 2,3 – 3 cm. Sein holziger Steinkern, der außen von einer harzigen, fleischigen Schicht umgeben wird, ist ellipsoid, zusammengedrückt, zwei – bis dreikantig und hat eine Länge von 2 cm. Der große Keimling besitzt im Unterschied zu den Koniferen zwei Keimblätter. Das Nährgewebe enthält Stärke, derentwegen die Samenkerne in China und Japan in gerösteter Form gegessen werden. Die Samenkerne finden auch medizinische Verwendung. Die fleischige Ummantelung der Samen zersetzt sich bei der Reife und verströmt einen höchst unangenehmen Duft, der dem ranziger Butter ähnelt. Letzteres ist ein Grund dafür, dass in den Städten und Parkanlagen fast ausschließlich männliche Ginkgobäume gepflanzt werden.

Der Wunderbaum oder Weltenbaum, der die Geheimnisse unermesslicher Vergangenheit bewahrt. „Das Blatt der Liebenden“ – Symbolik und Poesie finden wir in vielfältiger Form, als vergoldete Anstecknadel, als Schmuckanhänger, als Motiv auf Vasen, Giebeln, Bänken, in der Malerei, in der darstellenden Kunst aber auch in Prosa und Schriften.
Das alte Sinnbild von Liebe und Freundschaft gehört ebenso dazu wie der Ginkgo als Hoffnungsbaum, oder der meditative Umgang mit ihm.
Schon Goethe pflanzte in Jena 1794 einen Ginkgobaum, und es entstand die Schrift „Versuch, die Metamorphose der Pflanze zu erklären.“ Später formulierte der Dichter sein berühmtes Gedicht „Ginkgo biloba„.
Noch heute ist dieser inzwischen stattliche Ginkgobaum besonders in seiner schmucken Herbstfärbung zu bewundern.

Ginkgo biloba

Dieses Baumes Blatt, der von Osten
meinem Garten anvertraut,
gibt geheimen Sinn zu kosten,
wie´s den Wissenden erbaut.

Ist es ein lebendig Wesen,
das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei die sich erlesen,
dass man sie als eines kennt?

Solch Fragen zu erwidern,
fand ich wohl den rechten Sinn:
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
dass ich eins und doppelt bin?

J.W. v. Goethe am 27. Sept.1815

Text: Georg van den Bruck

Bild: Prof. Dr. Manfred Brusten

Quellenangaben:
Urania Pflanzenreich, Höhere Pflanzen Band I, Dr. Jürgen Schulze – Motel, Quedlinburg, Urania – Verlang Leipzig – Jena – Berlin 1971

Das große Buch der Bäume, Hugh Johnson, Hallwag Verlag Bern – Stuttgart

Ein Baum besiegt die Zeit, Ginkgo biloba, P. – F. Michel, Rökan – Edition. Intersan GmbH, Ettlingen

Ginkgo, Ur- Baum und Arzneipflanze, Mythos, Dichtung und Kunst, Maria Schmid und Helga Schmoll gen. Eisenwerth